Moin…
Da ich ja vor 4 Wochen meine SC57 komprimiert habe und nun nicht weiss,
wohin mit meiner freien Zeit… habe ich beschlossen, mal ein paar theoretische Alternativen
zu testen. Gestern gings also zur Probefahrt mit einer Triumph Speedtriple 1050…
Das Triumph-Händlernetz ist ungefähr so flächendeckend wie das E-Plus-Netz 1994.
Viele weisse Flächen, wenige Händler. So kommt man notgedrungen zum nächsten lokalen
Dealer, der, m. E., grundsätzlich als der wohl unfreundlichste Motorradhändler Zentraleuropas
gelten darf, wenn man von der Honda Power Station in Saarbrücken mal absieht. (Die
wiederum aber auch schon ewig dicht ist, was wohl auf den fehlenden Servicegedanken und
die absolut arschlochmäßige Umgangsform gegenüber dem Kunden zurück zu führen ist.)
Je nun… eine halbe Weltreise später bin ich also beim Händler, um die telefonisch vereinbarte
LEIHFAHRT anzutreten. Wie, Leihfahrt, wird sich nun der eine oder andere denken… richtig.
Nix Probefahrt, sondern ausleihen. 96,- Euro für 24 Stunden inklusive Vollkasko mit 1.000,-
Selbstbeteiligung. O-Ton: „Wir haben ja auch nix mehr zu verschenken!"
Auch schön die Frage, ob ich denn schon mal Motorrad gefahren sei. Ich meine…
immerhin stehe ich in einer Lederkombi an der Theke und weise (wie die Kombi selbst)
dezente Gebrauchsspuren auf. Ich? Motorrad? Ehm… ja.
Nach Klärung der Formalitäten und Lastschrifteinzug der 96,- Euro zeigt man mir sogar, wie
die Triple zu starten ist. Also Helm auf, Gang rein, los…
Der erste Eindruck: Scheisse, da ist was massiv defekt. Rein subjektiv betrachtet ist der
Sound und das Vibrationsverhalten des kernigen Dreizylinders brutal merkwürdig, wenn
man zuletzt auf einer 07er CBR1000RR gesessen hat. Irgendwie… anders, das alles.
Man gewöhnt sich recht schnell an die dezent nach vorne gebeugte und dennoch entspannte
Sitzhaltung. Die Rasten sind für ein Nakedbike erstaunlich hoch und hinten, der Lenker dürfte
durchaus etwas weiter nach vorne gekröpft sein. Der Hammer schlechthin ist der „Schaltblitz“,
der mich bei ca. 2.000 rpm nervig dazu auffordert, endlich hochzuschalten. Aber irgendwo
habe ich gelesen, dass man den wohl je nach persönlichem Gusto einstellen kann. Also läuft
der entweder noch im Auslieferungsmodus, oder der Test… ehm… Leihfahrer vor mir hatte
ausgeprägten Respekt vor jeder Form von Beschleunigung.
Der erste Bremstest zeigt: Erstaunlich wenig. die Gabel sackt ein, es bremst… irgendwie,
aber nicht wirklich. Offenbar ist das Werks-Setup für Personen um die 35 - 38 Kilogramm
ausgelegt. Im weiteren Verlauf der „Leihfahrt“ braucht es einiges an Vorstellungsvermögen
bzw. Schmerzfreiheit, um sich vorzustellen, wie sich das ganze wohl mit einem einigermaßen
passend eingestellten Fahrwerk fährt. Gabel und Dämpfer sind so auf jeden Fall viel zu
schwammig und gerade in Kurven auch unruhig. Das „Bremsproblem“ lässt sich mit dem
fummeligen Einstellungsrädchen einiger Maßen beheben und es kommt tatsächlich zu so
etwas wie einer Verzögerung.
Das Handling… ist aufgrund des Fahrwerk-Setups nur schwer zu beurteilen. Freundlich
ausgedrückt würde ich es mit „nervös“ umschreiben. Das mag, wie bereits erwähnt, eben an
den mies eingestellten Federelementen liegen. Aber definitiv auch am absolut eckig
runtergefahrenen Hinterreifen (Metzeler Racetec M3), der in der Mitte gerade noch so ein
gesetzeskonformes Profil aufweist, während die Flanken noch im Auslieferungszustand sind.
Wenn das alles in einem passenden Zustand ist, könnte ich mir vorstellen, dass man mit
diesem Bike wirklich Kurvenspaß haben kann. Auch was die Leistung angeht.
Auch hier denkt man in den ersten Minuten, das irgendwas defekt sein muss. Doch dann
erinnert man sich, dass die Speed Triple einen Zylinder und rund 40 PS weniger als die
Fireblade auf die Straße bringt. Hat man das mal verinnerlicht… also die Tatsache, dass das
ja doch ein ganz andere Motorradkonzept ist… dann vermisst man zwar in den unteren
Drehzahlregionen immer noch 40 PS und einen weiteren Zylinder… aber so langsam erfreut
man sich am brabbelnden, etwas rauen Geräusch des Triumph-Triebwerks.
Ab ca. 5.500 rpm schiebt die Triple auf der Autobahn angenehm in den Begrenzer. Ausser im
sechsten Gang. Das ist nämlich grundsätzlich bei 220 km/h Fireabend. Meine Frau käme vielleicht,
figur- und gewichtsbedingt auch noch auf 230 km/h, wenn sie dann nicht schon wie
eine Fahne im Wind flattern würde. Ich jedenfalls komme über 220 Sachen nicht hinaus. Bis
180 km/h ist das alles, für eine Nakedmöhre, durchaus angenehm zu fahren. Volle Punktzahl
für die Aerodynamik. Auf der Landstraße reicht der Schub zwischen 2. und 4. Gang aus, und
wenn man sich ein bisschen anstrengt, dann kommt sie anhand der aufrechteren Sitzposition
auch schön mit dem Vorderrad vom Boden los.
Fazit: Die erste Enttäuschung in Bezug auf Leistung und Fahrwerk wird geringer, wenn man
sich an die fehlenden 40 PS und den fehlenden Zylinder gewöhnt hat und man ausreichend
Phantasie mitbringt, um sich ein ordentlich abgestimmtes Fahrwerk vorzustellen. Ein absoluter
Minuspunkt auf der Pro- vs. Contra-Liste ist die Tatsache, dass die nächsten Triumph-Händler
in Mannheim, Landau, Frankfurt, Stuttgart, Köln und Bonn sitzen. Aber ich glaube, dass ich
beim lokalen Triumphhändler kein Motorrad kaufen werden.
Am Samstag ist theoretisch eine Probefahrt mit einer CB1000R angesetzt.
Aber da solls wohl leider Regnen. Schaun'wer mal…
VIVA EL QUESO!
Peter