Für die wesentlich höher gefährdeten Kunden auf der Landstraße werden die Erkenntnisse aus dem Rennsport jedoch nicht nutzbringend angewandt. Schade eigentlich. Ich müßte vielleicht mal drüber nachdenken, im Schadensfall unter Produkthaftungsgesichtspunkten einen der großen Hersteller zu verklagen
Das ist aber ein Äpfel-/Birnenvergleich. Man muss bei der erreichbaren Sicherheit auch das Ambiente der Strecke mit in Betracht ziehen. Auf dem Kringel gibt es weite Auslaufzonen, die mit Kies oder Sand die Rutschgeschwindigkeit mindern. Auch finden sich keine Hindernisse wie Leitplankenpfosten, Ampelmasten etc. Von einem Gegenverkehr ganz zu schweigen. Die Unfallcharakteristik auf dem Kringel dürfte sich also fundamental von der Landstraße unterscheiden. Diesen Unterschied sieht man ja schon beim Road-Racing. Die Fahrer, die bei der TT absteigen, die mit dem gleichen professionellen Equipment unterwegs sind, wie beim MotorGP auf dem Kringel, erleiden meist viel schwerere Verletzungen.
Nehmen wir als Beispiel mal des Thema Helm. Sicherlich kann man einen Integralhelm so bauen, daß die Helmschale unter keinen Umständen geknackt wird. Allerdings sind die Beschleunigungskräfte, die nötig sind um einen einfachen Helm aus ABS Kunstoff strukturell zu zerstören schon so groß, daß der Fahrer schwerste (geschlossene) Schädel-Hirn Traumen erleiden würde, ohne das er überhaupt noch durch den geknackten Helm zusätzlich gefährdet werden würde. Was nutzt einem eine Carbon/Kevlar Helmschale, wenn das Gehirn des Fahrers durch die hohen Beschleunigungskräfte beim Unfall mit tödlichem Ausgang von innen gegen die Schädelschale geknallt wird?
Bitte nicht falsch verstehen. Man muss die Industrie immer dazu anhalten, mehr für die Sicherheit des Motorradfahrers zu tun. Und gewiss könnten Alpinstart und Co. mit einer geringfügigen Profitminderung mehr an Sicherheit bieten. Aber irgendwo setzt die Physik einfach eine Grenze. Mit einem Helm guter Dämpfung kann man einen Abstieg auf den Asphalt der Rennstrecke bei Tempo 100 km/h unverletzt überstehen. Auf der Landstraße hingegen reicht ein ungebremster Aufprall mit 50 km/h auf ein Hinderniss und es ist Schicht. Protektoren in der Motorradsicherheitskleidung, die bei einem Durchgang durch die scharfkantigen Leitplankenpfosten (die berüchtigten Eierschneider) die Amputation von Gliedmassen verhindern könnten, wären in der Realität völlig unpraktikabel. Landstraße und Renne sind nunmal zwei völlig verschiedene Welten.
2¢ Buk