Zitat...ein Hingucker...
...einmal im Leben auf ‚nem „Fulldresser“ schweben. Tja – was soll ich sagen, gebucht ist gebucht und am Abend vorher dachte ich so bei mir: „Fahrbereit 341 kg, Länge über alles satte 2,40 m., Radstand 1,60 m. Trittbretter, BremsPEDAL, Schaltwippe – wie wird meine Premiere sein? Werde ich schon bei der Ausfahrt vom Händlerplatz darauf herumschlingern, werde ich am Berg beim Anfahren umfallen, werde ich mich hoffnungslos blamieren?“ Tja – die dicke Käthe (ach herrjeh, von wegen „dick“...) abgestellt – da steht sie vor mir, ein Motorradtraum in schwarz, Chrom und jeder Menge Nieten-Leder:
(Denkblase: „Was für ein Schiff“ – kein Kneifen – da mußt Du jetzt durch, Du wolltest immer schon mal wissen, ob die Dinger sich wirklich so altherrenmäßig fahren wie die meisten Elder Statesmen sie fahren...“). Die Jungs sind superfreundlich, die Formalitäten schnell abgewickelt – „gute Fahrt“ .... „kann ich nicht doch lieber die Forty-Eight oder morgen die XR1200-er Sporty mit 90 PS...“ – nein, kann ich nicht, denn die Jungs sind schon wieder weg und beschäftigt.
Na gut – aufgesessen und wenn Herzen in Hosen fallen können, dann sitze ich jetzt auf meinem, das Hoftor wirkt verdammt eng und die Straße wirklich verdammt schmal – ein Tastendruck am rechten Lenkerende, mit markerschütterndem Krach spurt der fette Anlasser ein, wirbelt die Schwungmasse, Pleuel und Kolben gegen die Verdichtung von 9,2 : 1 und fast 1,6 l. Hubraum zweimal durch – und dann bollert der Apparat ruhig und gelassen vor sich hin.
Zitat„Nein, bitte ‚drinlassen, ich bin kein Küchenkurzzeitwecker...“
Zum Wesentlichen: Wie fährt sich so etwas? Fein fährt sich das - mit einem deutlichen, satten „Klonk“ rastet der erste ein, die erstaunlich leichtgängige Kupplung langsam kommen lassen und es geht voran. Zunächst suchen die Füßchen die Pedalerie auf den Trittbrettern – aber der ganze Apparat scheint zu sagen: „Kleines, nervöses Sportlerherzchen, nicht zittern, es tut nicht weh, Du wirst schon sehen...“
Und in der Tat, bereits auf den ersten Metern wird das vorher in eine der solide verarbeiteten Packtaschen verstaute Messer, was ja auf Supersportlern oder hektischen Österreicherinnen automatisch zwischen den Zähnen klemmt, überhaupt nicht vermißt. Es stellt sich bereits auf der Fahrt Richtung Ortsausgang eine Gelassenheit ein, die ich vorher nicht für möglich gehalten hätte. Es ist „Brückentag“ – gerade mal 11:00 vomittags – und wirklich alles, was vier Räder hat, scheint auf denselben unterwegs zu sein. Normalerweise hängt man auf der Blade oder der Käthe irgend einem Familienvater oder einer –mutter fast im Kofferraum, stöhnt „nu fahr doch schon“ oder flucht gotteslästerlich, aber hier? Nichts von alledem, man blickt aus dem Bike „heraus“ auf die dosenfahrende Truppe und sagt sich: „Was soll’s...“
Einmal wird sie gebraucht, die Hupe – aber das ist keine aggressive Euro-Autohupe, sondern ein wohlklingendes Drucklufthorn, das man auch so ab und an zum Gruß gerne betätigt (jaja – ist schon gut, weil verboten..).
Das Ortsausgangsschild ist erreicht, das – erstaunlich leichtgängige 6-Gang(!)-Getriebe durchgeschaltet und beschleunigt – jaha, die 71 Pferde schieben die Fuhre vehement und mit Nachdruck voran, der dicke Twin-Cam 96 B klingt dabei niemals angestrengt, als ob er Mühe mit den inclusive Fahrer nun doch deutlich über 400 kg. Gewicht hätte.
Die Schaltwippe....
– immer belächelt, aber das Ding hat seinen Sinn. Man muß nämlich nur noch „drauftreten“ (dauert ein wenig, bis man sich „gewöhnt) aber dann wird die Sache als sehr flüssig und angenehm gesehen: Vorne mit der Fußsspitze für den ersten zum Anfahren ‚drauftippen, dann mit der Hacke hinten zum ‚raufschalten lässig ‚draufgekickt. Beim ‚runterschalten umgekehrt – vorne ‚drauflatschen und der nächstniedrige Gang flutscht – notfalls auch ohne Kupplung – ‚rein. Das Auffinden des Leerlaufs ist – aufgrund des sehr kleinen Rastbereichs dafür – zunächst ein Glücksspiel.
Zu den Bremsen:
.... – nun ja, *ähem* - sie bremsen. Und mit ordentlich Handkraft bekommt man auch akzeptable Verzögerungswerte zustande, aber auch das macht nix – man gewöhnt sich so oder so einen sehr vorausschauenden Fahrstil an, bis, ja – bis: ein „Opfer“ auftaucht, vor mir auf einer CB 750 (man erinnert sich, Hondas Birkenstocksandale auf 2 Rädern), natürlich hektisch überholend. Ich entschließe mich nun doch, etwas fester am Kabel zu ziehen – und der Dicke unter mir tut freudig mit. Mit dem altbekannten, dumpfen „Vrrooooooaaaammmm“ beschleunigt er innerhalb weniger Sekunden von 60 km/h auf etwa 110 – und ich hänge dem Kollegen am Hinterrad. Der schaut verdutzt in den Rückspiegel, aber schon bin ich in der ersten Links neben ihm und ziehe weiter. Es geschieht natürlich, was geschehen muß, in der ersten Rechts vor ihm machts unterm rechten Trittbrett deutlich metallisch „krccchhhhhschrapp“ – oha, das war wohl schon der Schräglage ein wenig zuviel, das gleiche Spiel in der darauffolgenden Linkskurve. Keine Unsicherheit, kein Geschaukel – wie überhaupt das Softail-Fahrwerk einen grundsoliden Eindruck vermittelt, ohne jemals – trotz der komfortablen Grundabstimmung – das Gefühl von Bike und Straße entkoppelt scheint.
Was den Sound und Vibrationen angeht – der dicke 96-er ist aufwendig in Gummi gelagert (nein, das ist nicht das Produktionsjahr sondern die Zahl gibt den Gesamthubraum an, das sind dann irgendwie 96 Cubicinches, was wohl in verständlich-metrischen Maßen so etwas wie 1.584 ccm Hubraum ergeben soll) – Sonny Barger (immer noch Chef der Hells Angels) würde sich mit Grausen abwenden, ist die Marke seines Vertrauens ohnehin schon seit Jahrzehnten zu einer für Neureiche und Zahnwälte mutiert) – Vibrationen sind kaum spürbar, und der Zahnriemenantrieb verrichtet auch geräuschlos seinen Dienst. Der Blick in die Rückspiegel (auch hier die auf allen Ami-Fahrzeugen zu erkennende, für Europäer leicht irritierende Aufschrift: „Things in mirror seem closer than they are“) bleibt immer klar. Was die Geräuschkulisse angeht – der Motor ist recht laut, denn es fehlt der Wasserkühlmantel und alles, was luftgekühlte Motoren so an leisem Geklicker und Gerausche von sich geben, wenn zwei fette Kolben zwei ebenso fette Zylinder hinauf- und heruntereilen, das kommt durchaus an, auch wenn man den Twin etwas untertourig fährt (geht das überhaupt?). Also bleibenlassen – und immer fein auf Zug halten, ein Drehzahlmesser wird nicht vermißt, man merkt sofort, in welchen Drehzahlbereichen sich der Apparat wohlfühlt, Lastwechselreaktionen? Nicht vorhanden, der Zahnriemen schluckt alles.
Nein, Leute, nein – ich grinse nicht breit, ich lache vergnügt vor mich hin, während die wohligen Gänsehautschauer auf meinen Unterarmen nicht weichen wollen, auch auf der Rückfahrt der knapp zwei Stunden dauernden Probefahrt nicht. Das ist mir wirklich in einer solchen Intensität noch nie passiert. Die Sitzposition ist sehr entspannt und irgendwie doch versammelt, man könnte wirklich Kilometer, nein – Meilen – abspulen, ohne abzusteigen, außer zum Pinkeln vielleicht, aber da muß es doch auch noch eine Lösung geben... .
Zum Fotoshooting daheim in die Hofschaft gerollert – auch hier: Aufgrund des großzügig bemessenen Lenkanschlages und des niedrigen Schwerpunktes läßt sich die Fuhre leichter rangieren, als vermutet. Mein Hosenboden ist – auch der Temperatur wegen – doch leicht durchfeuchtet, bewegt man immerhin genau 20.895 EUR durch die bergischen Lande – wenn man die wegwirft oder hinschmeißt, Vollkasko mit 1.000 EUR SB hin oder her, alleine diese Schmach, nicht auszudenken.
Was soll ich noch groß schwärmen – die Uhr geht gegen Eins, also geruhsam und gelassen die Rückfahrt angetreten. Der Techniker fragt: „Na –wie war’s?“ „Hmtja – ich hab‘ vollgetankt und wollte eigentlich gar nicht mehr absteigen...“
Reaktion – ein wissendes Grinsen.
Ach ja – wovon ist hier eigentlich die Schreibe?
Die genaue Bezeichnung: Harley-Davidson FLSTC „Heritage Softail Classic“.
Das kryptische Harley-Davidson Alphabet wurde vor Jahren einmal in einer Motorradzeitschrift entschlüsselt, ich hab’s wieder vergesssen, bzw. mir nicht merken können – aber es ist auch so oder so egal.
Ich kann jedem nur empfehlen, einmal nach Las Vegas zu reiten – zum Sonneputzen. So ein Dickschiff – und darüber kommt außer den Dyna-Glides und einigen wenigen nicht mehr wirklich viel – läßt sich (vorausgesetzt, man nimmt sein Herz in beide Hände) wirklich zügig und leichtfüßig bewegen. Mein Dank gilt der Firma „motomaxx“ für das entgegengebrachte Vertrauen.
Allen, die diesen Bericht vielleicht lesen, wünsche ich weiterhin eine schöne Fußball WM mit wirklich feinsten Fußballspielen und - falls die Ergebnisse der doitschen Elf mal doch nicht so dolle sind - aufsteigen und fahren....
Tschüß......