Die Blade muß zum Doc. Diagnose: Starke Inkontinenz der Gabeldichtringe. Da gleichzeitig die HU überfällig war, gab‘ ich beim freundlichen HH gleich beides in Auftrag. Nun erhob sich die Frage: Was kann ich leihen, damit ich nicht Bus fahren muß? Sie klärte sich schnell: Eine SC 59 gab’s nur als Vorführer – und die war vergeben. Sicher über das Wochenende frei war die kleine Hornisse (600-er Hornet - PC 41). Gut – nehmen wir gerne mit, mal sehen, was sich im 600-er Bereich seit 7 Jahren so getan hat.
Am Freitag war nachmittags – trotz angesagter Schauertätigkeit – die Probefahrt geplant, zumal die Straßen teilweise vollständig abgetrocknet waren, eine gute Gelegenheit, auf feuchten Abschnitten auch einmal ein anderes ABS als das „blau-weiße“ zu testen. Zuerst das normale Prozedere: Nach den üblichen Einstellarbeiten – Lenker in eine für mich vernünftige Position gedreht – aufgesessen und losgefahren. Über die Ergonomie gibt’s nix zu berichten, alles paßt, Qualität stimmt. Das Cockpit – alles ‚dran, alles drin, sogar ‚ne Tankanzeige und keine schnöde Warnlampe. Zum Motor: In vager Erinnerung an meine – auch feine – PC 35 (CBR 600 F – 2001) war ich doch sehr angenehm überrascht, wohlwissend, daß dem Aggregat (aus der aktuellen CBR 600 RR stammend) für die Hornet-Version die „Spitze“ per moderaterer Steuerzeiten zwecks gleichmäßigerer Leistungsentwicklung genommen ist (102 statt 120 PS) - gut für den Motorcharakter: Man kann mit zivilen Drehzahlen anfahren, bis 4.000 h/min geht’s schon recht ordentlich voran, ab 4.000 entwickelt der kleine Schreihals sogar so etwas wie „Druck“ in der Mitte, um ab 6.500 bis in den roten Bereich bei 13.000 u/min seine Herkunft kaum verleugnen zu können, dreht er doch lustig-heiser röhrend und kein bißchen zäh bis in den Begrenzer. Da ließ sich meine PC-35 etwas mehr Zeit und von „Druck in der Mitte“ will ich gar nicht schreiben, da nicht erwähnenswert. Das Getriebe ist fein schaltbar, wenn’s geht, auch ohne Kupplung, kurze Schaltwege, ein kaum spürbarer Schaltschlag beim Einlegen des 1. Ganges, kurz – japanischer Standard wie die Verarbeitung. Über das Design mag man sich gerne streiten, die Reaktionen reichen von „ihgitt“ über „das Ding sieht ja von vorne aus wie’n fetter Motorroller“ bis zum „nett gemacht“. Mir ist’s bekanntermaßen einerlei, wenn ich ‚draufsitze, seh‘ ich das nicht mehr. Das Fahrwerk läßt keine Zweifel aufkommen, stabil, auch auf feuchtem Geläuf‘ immer mit guter Rückmeldung, komfortabel-straff, die Gabel in der Grundhärte nicht zu hoch, fein ansprechend. Große Experimente in Schräglagen auf Landstraßen 2. Ordnung, Querrillen waren leider nicht machbar, da es nach einer halben Stunde wieder schauerlich zu regnen begann, DIE Chance, auf einem geraden Streckenabschnitt das ABS mit Kombi-Bremsfunktion (bei Betätigen des Hebels für die hintere Bremse wird eine Scheibe vorne mitverzögert, etwas irritierend, bremst man „hinten“ etwas kräftiger, taucht die Gabel deutlich ein) auszuloten.
Fazit: Es funktioniert unauffällig und sehr effektiv, bei brutalem Einsatz (ist die Blockiergrenze erreicht, fühlt man die Regelung in Hand- oder Fußbremshebel) kann man den überraschend feinfühligen Einsatz bemerken – dagegen wirkten die frühen ABS-Systeme der bekannten blau-weißen Traditionsmarke eher grobschlächtig; griffen die regelnd ein, bekam man entweder einen „Tritt“ unter die Fußsohle oder erschrak regelrecht über das derbe Pulsieren im Handbremshebel. Außerdem ist – meinem bescheidenen Kentnisstand nach - noch keine Rückruf- oder Nachbesserungsaktion von Honda hinsichtlich des Antiblockiersystems – im Gegensatz zu den Produkten aus Berlin-Spandau – bekannt.
Also - was Handlichkeit, Fahrwerk und Fahrleistungen angeht – mit der kleinen Hornisse kann man (engagiertes Bedienen des Getriebs vorausgesetzt) auf der Landstraße ganz ordentlich zustechen, die Sitzposition ist versammelt-sportlich bequem. Froh‘ war ich dennoch, als ich uns beide wieder wohlbehalten in der Garage abstellen konnte – irgendwie schien man es auf uns abgesehen zu haben. Gleich zu Beginn hätte uns fast ein mit Rennambitionen (oder war’s eine Fehlreaktion?) versehener Sprinter-Pilot in die Botanik befördert: Wollt‘ ich aus einer untergeordneten Straße in eine übergeordnete (langgezogene Kurve) mit genügend Abstand vor ihm einbiegen, bemerke ich plötzlich, daß er (mir entgegenkommend) immer mehr auf meine Bahn (für ihn die Gegenfahrbahn gerät). Kurz bevor ich mit schreckgeweiteten Augen den Notausgang in die Böschung wählen mußte, kam er mit jammernden Reifen neben mir zum Stehen, der von ihm transportierte Rentnerclub schaut mich entgeistert durch die Fenster an. Ich fuhr weiter – und muß mich erstmal kneifen: Alles noch heile, auch das linke Bein, an dem er mich getroffen hätte, noch ‚dran? Als ob das nicht genug wäre, mußt‘ ich aufgrund einer Straßensperrung auf dem Rück- einen Umweg fahren – es goß‘ mittlerweile mal wieder wie aus Kübeln – seh‘ ich am rechten Fahrbahnrand so’n Jüngelken auf ‚nem Roller stehen, bereit, loszufahren. Er guckt nach rechts, nicht zu mir, der wird doch wohl nicht? Sicher wird er – und schon muß ich wieder ‚nen Ausweichhaken schlagen, mit Sackhaaresbreite am verstörten Hasardeur vorbeigeschlingert. Mein Bedarf an Adrenalin war danach mehr als gedeckt. Puhh – wie hätte ich das im Ernstfall dem „Freundlichen“ erklärt? Trotzalledem, die kleine Hornisse ist eine nette „Ansage“.
Für (Wieder-)Einsteiger gibt’s sogar Drossel-Kits: http://www.motorradonline.de/news/drosselki…aren.256912.htm