Die Gaffer...

  • Moin,der eine oder andere wird das sicherlich wieder als unnötigen Thread sehen,aber sei es drum.
    Gestern war ich mit nem Kumpel am Mittellandkanal... Als wir dann auf dem Rückweg nochmal unsere gwohnte Ehrenrunde über die Dörfer bei uns gedreht haben,kamen.wir in eine "Warteschlange" mitten auf der Landstraße.
    Nach längerem warten haben wir dann mitbekommen das ein Dosenfahrer einer SC57 die vorfahrt genommen hat und das Bike samt Fahrer abgeschossen hat.
    Als der Fahrer dann auf dem Asphalt wiederbelebt wurde stieg auch die zahl der schaulustigen,parallel dazu auch die Wut in mit und meinem Kumpel,je dramatischer sich die Situation zuspitzte desto mehr von diesen Affen stiegen aus und gingen nach vorne um besser sehen zu können. Die Polizei ließ leider etwas auf sich warten,als mittlerweile schon ein Krankenwagen,ein Rettungswagen,und ein Notarzt an der Unfallstelle waren kamen die Herren in blau dann auch schon und räumten die Kreuzung mit lauter Stimme.
    Wenn ich mich (aus ca.100m abstand) nicht versehen habe musste der arme Kerl wiederbelebt werden,was für die Kräfte sicherlich nicht einfacher wird je dichter man zum zuschauen kommt.
    Sowas treibt in einem den blanken Hass hoch,als wenn es nicht schon schlimm genug wäre für alle beteiligten,muss man dann noch den Rettungskräften geifernd über die Schulter gucken???
    Mal ehrlich,sowas ist echt das allerletzte.
    So,das musste einfach mal gesagt werden,wer nich helfen kann oder will der soll doch wenigstens Abstand halten oder einfach weiterfahren und niemanden behindern.

    Schönen Gruss

    Bunt ist das Leben...und Granatenstark...
    Volle Kanne Hoschi =)

  • Die Neugier und die Sensationsgeilheit treiben viele Menschen zu sportlichen Höchtleistungen. Was glaubst du wie oft ich in einem nicht gerade kurzem Stau stehe weil es auf der Gegenfahrbahn einen Unfall gab. Manchmal habe ich den Eindruck so mancher würde gerne stehenbleiben und in Ruhe glotzen. :tougue:

    Liebe schaulustige, mal drüber nachgedacht ob ihr vielleicht Rettungskräfte bei der Arbeit behindert? Oder wie würdet ihr das finden wenn ihr mal selbst da liegt und euch ein Rudel unbeteiligter gar noch mit dem Smartphone filmt.

    Aus fahrphysikalischen Gründen entsteht ein Sicherheitsrisiko,wenn die Motorleistung dem Leergewicht nicht angepasst ist und dadurch außerordentlich starke Beschleunigungen möglich werden.
    ( Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat in seinem Beschluss zur Motorradsicherheit.)

  • Das ist doch ganz "normal" in D,es muß geschaut werden was da so passiert ist. :lupe:
    Wenn auf der AB auf der einen Seite ein Unfall passiert ist,wird von der anderen Seite noch gegafft,so das sich der Verkehr dadurch auch noch staut.
    Ist ja auch schon vorgekommen,das vor lauter Gafferei auf der Gegenseite auch noch ein Unfall passiert ist wie Blade 0072 schon schrieb. :oh_man:
    Am besten wird das ganze noch mit dem Handy gefilmt als Sensation. :clap:

    Ein Leben ohne Blade ist zwar möglich,aber für mich so gut wie
    unmöglich! :yeh: :yeh:

  • Nicht ärgern, die Leut' sind halt so.

    Helfen und mit gutem Beispiel vorangehen kann was bringen. Vor allem Absicherung, bevor Blau-Weiß kommt, Platz für die RTWs freimachen, Gasse bilden, etc. Da bekommt man eigentlich wenig dumme Antworten, die Leute sind recht dankbar, wenn man Ihnen klare Anweisungen gibt und glotzen auch nicht so blöd in der Gegend rum.

    Den Handyknipsern würde ich das Ding aber am Liebsten aus der Hand schlagen.

    Achim

  • Sobald ich sehe das ich helfen kann,mache ich das auch... Aber merke ich das ich im Weg stehe,dann seh ich zu das ich da wegkomme...
    Wobei ich sagen muss,als ich den letzten verunfallten aus dem Graben gezogen habe,wurde ich von dessen herbeigeeilten Vater als Verursacher hingestellt,dabei is sein Bengel mit drei Mädels im Auto geheizt,und dann abgeschmiert. Mein Auto stand frisch gewaschen mit Warnblinker auf der Straße... Davon ließ Papi sich aber nicht beirren und nahm statt meiner Personalien schonmal mein Kennzeichen auf,da ich diese der bereits nur der bereits verständigten Polizei geben wollte...
    Den schuldigen zu finden war anscheinend wichtiger als seinen Sohn zu überreden sich die bös aufgeschnittene Hand verbinden zu lassen.
    Scheint ja in Deutschland normal zu sein lieber zu gaffen oder ganz wegzuschauen als jemandem zu helfen...
    Ich hoffe nur das der Junge mit der SC57 wieder auf die Beine kommt...

    Bunt ist das Leben...und Granatenstark...
    Volle Kanne Hoschi =)

  • Also ich weiß nicht, so wie du schreibst hast Du einen dicken Hals gehabt, jetzt stellt sich mir die Frage warum seid Ihr nicht nach vorne und hab die Gaffer verscheucht? Ist übrigens auch ne Hilfeleistung, Rettern den Platz zum retten schaffen!!!
    Gebe Dir aber im Grundsatz recht, die Menschen sind Sensationsgeil, soll sogar welche geben die hören extra den Polizeifunk ab und fahren zünden Unfällen :tougue:

    In Gedenken an meinen Vater der am 29.02.2008 verstorben ist

  • Das Gleiche habe ich auch erlebt!

    In einer Rechtskurve ( ! ) hat mich ein Motorradfahrer überholt. Da ich einen Mercedes Sprinter fuhr, konnte der den Gegenverkehr nicht sehen und setzte trotzdem zum Überholen an. Es kam wie es kommen musste und er wurde vom Gegenverkehr abgeschossen und landete zusammen mit seiner Maschine in den Graben an der Straße.

    Ich war zwar geschockt, hielt natürlich an und kümmerte mich um den Verletzten im Graben. Alle anderen Schaulustigen standen in "sicherer" Entfernung und gaben kluge Ratschläge. Keiner war bereit auch nur einen Finger krumm zu machen. Nach über 30 lange Minuten kam der Rettungswagen. Während der Erstversorgung war ich den Sanitätern noch immer eine gute Hilfe, während die dummen "Zuschauer" ( es waren inzwischen über 50 ! ) der Polizei sagten, was ich alles falsch gemacht hätte.

    Ich war zwar total geschockt, werde aber natürlich jederzeit wieder meine Hilfe zur Verfügung stellen. Ohne meiner Hilfsbereitschaft wäre der Motorradfahrer laut Notarzt noch an der Unfallstelle gestorben. Ich habe über einer Bekannte dann erfahren, dass er nach ca. 10 Wochen Krankenhausaufenthalt wieder entlassen wurde. Leider hat er sich hinterher nie bei mir gemeldet, obwohl er und seine Frau meine Telefonnummer hatte!


  • Wenn ich mich (aus ca.100m abstand) nicht versehen habe musste der arme Kerl wiederbelebt werden...

    Du hast ja auch geschaut. Ich glaub das das ganz normal ist und man einfach schauen "muss".
    Wie einer der Vorredner schon sagte. Wenn es dich so gestört hat, dann hättet ihr ja was machen können.

    Ganz schwierige Sache ist sowas ?(

  • Michael Thiel: Eine neutrale und vielleicht wertfreie
    Erklärung stammt aus der Evolutionspsychologie. Wir Menschen scheinen
    genetisch so veranlagt zu sein, dass wir unsere Aufmerksamkeit besser
    auf Negatives als auf Positives lenken können. Das heißt: Wir erinnern
    uns an eine grauenvolle Tat länger als an etwas Freundliches. Bei einem
    Unfall zum Beispiel versuchen wir, durch das Gaffen an Informationen zu
    kommen und zu erfahren, was da gerade los ist, um uns gegebenenfalls
    selbst in Sicherheit bringen zu können oder sogar etwas daraus zu
    lernen. Wir entwickeln also Strategien, damit uns das Gleiche erspart
    bleibt.

    Die Welt: Ist das bei Zuschauern bei der aktuellen Flut auch so?


    Thiel: Nein,
    was wir jetzt bei der Flutkatastrophe erleben – also zum Beispiel ein
    Picknick machen und dabei die Freiwilligen beobachten –, das hat eine
    ganz andere Qualität. Diese Menschen gaffen in einer Mischung aus
    Sensationsgier, Schadenfreude und der Suche nach einem emotionalen Kick.
    Sie erleben Emotionen aus der sicheren Distanz heraus, ohne selbst
    betroffen zu sein, fast wie ein Fernsehzuschauer, der sich bei einem
    Krimi gruselt. Es gibt in unserem Gehirn sogenannte Spiegelneuronen,
    durch die beim Beobachter von Unglücken im Gehirn ähnliche Prozesse
    ablaufen wie bei den Betroffenen selber. Ein Gaffer erlebt sogar einen
    Adrenalinkick. Das kann durchaus süchtig machen.

    Die Welt: Aber diese Leute wissen doch, dass das nicht richtig ist.


    Thiel: Das
    ist jetzt die entscheidende Frage. Einige blenden es vermutlich völlig
    aus, weil sie meinen, sie hätten das gute Recht, sich über die aktuelle
    Lage zu informieren. Wir wissen zum Beispiel von Unfällen, dass Gaffer
    ohne Unrechtsbewusstsein Rettungskräfte behindern. Es gab aber schon
    immer Menschen, die an Katastrophen Vergnügen finden. Es gibt deshalb
    vielleicht auch psychologische Erklärungsmöglichkeiten, aber menschlich
    gibt es da kein Gutheißen oder keine Entschuldigung.


    Die Welt: Welche Rückschlüsse lässt das auf den Charakter der Schaulustigen zu?
    Thiel: Was
    diesen Gaffern auf jeden Fall fehlt, ist eigentlich das, was uns
    menschlich macht, nämlich Empathie, auch Einfühlungsvermögen genannt.
    Wenn sich jemand in die Situation der Flutopfer einigermaßen einfühlen
    kann, der fährt nicht hin, sondern spendet. Oder er fährt hin, um zu
    helfen. Oder er teilt zumindest die Thermoskanne, die er mitgebracht
    hat, mit den Freiwilligen und Betroffenen. Bei den Gaffern überwiegt
    aber das Gefühl der Sensationslust. Sie ergötzen sich an dem Leid
    anderer. Das widerspricht eigentlich dem ur-menschlichen Gefühl nach
    Helfen und Solidarität.


    Die Welt: Es gibt Forderungen, Gaffer mit empfindlichen Geldbußen zu bestrafen, teilweise mit bis zu 5000 Euro. Wie sehen Sie das?


    Thiel:
    Ich halte es für sehr vernünftig. In dem Moment, in dem nicht nur mit
    so einer empfindlichen Strafe gedroht, sondern sie tatsächlich verhängt
    wird, sucht er vermutlich das Weite. Weil ein Gaffer an sich ein feiger
    Mensch ist, wird ihm die Sache wohl keine 1000 Euro wert sein. Er wird
    sich seinen Kick beim Fernsehen oder Lesen der Zeitung holen.
    Die Welt: Sollten Schaulustige zum Mithelfen aufgefordert werden?


    Thiel: Das
    ist eine sehr gute Idee. Rettungskräfte werden bereits in diesem Sinne
    geschult. Die direkte Ansprache bewirkt, dass der Gaffer bloßgestellt
    wird und er sich aus seiner Komfortzone herausbewegen muss. Und dann
    muss er Farbe bekennen, ob er wirklich nur ein Spanner ist oder ob in
    ihm doch noch ein Funken Mitleid und Empathie steckt.


    Die Welt: Fördern soziale Medien den Katastrophentourismus?


    Thiel: Nein,
    gerade bei der Flutkatastrophe haben wir beobachten können, dass
    soziale Medien sehr hilfreich sind, weil sie Informationen weitergeben
    und sehr schnell Leute mobilisieren können. Gaffer werden sich mit
    sozialen Medien nicht zufrieden geben, sie wollen direkt vor Ort sein,
    als Augenzeuge oder auch Bestandteil einer Jahrhundert-Katastrophe.


    Die Welt: Was ist denn schlimmer: Gaffen oder Wegschauen?
    Thiel: Das Wegschauen in Situationen, nehmen wir zum
    Beispiel, dass jemand in der S-Bahn belästigt wird und man schaut weg,
    ist natürlich auch unterlassene Hilfeleistung. Das Handy zücken und die
    Polizei rufen, das kann jeder. Auch wenn man sich nicht direkt
    einmischt, sondern das auch sicherer Distanz macht. Aber dieses
    Wegschauen könnte man immerhin noch als Schutzmechanismus erklären, weil
    man zum Beispiel Angst hat, in eine möglicherweise gewalttätige
    Auseinandersetzung hineingezogen zu werden. Das ist immer noch nicht gut
    und natürlich moralisch verwerflich, ist aber immer noch
    verständlicher. Das Gaffen aber ist eine bewusste, aktive Handlung, man
    fährt ganz bewusst in der Vorfreude, Leid zu sehen, in das
    Katastrophengebiet. In der Abstufung des Elends, wenn Sie so wollen, ist
    das Gaffen graduell für mich schlimmer als das Wegschauen. Aber, um das
    noch einmal deutlich zu machen, es ist beides schlimm.

    "Ich liebe den Geruch von Napalm am Morgen. Es riecht irgendwie wie nach Sieg."

    "Mag etwas noch so blödsinnig sein, in der Festigkeit, in der es vertreten wird, liegt die Ursache zum Geglaubtwerden."

  • Es ist ja nicht so das wir auf den Böcken gesessen und geschaut haben,da wir am Ende des Staus standen haben wir erstmal so gut wie es geht nach hinten abgesichert,und die nachfolgenden zum wenden zu bewegen,weil der eine oder andere der Meinung ist/war an der Schlange vorbei zu müssen,weil man am Samstag ja soo wichtige Termine hat...
    sonst hätte ich wohl kaum das Recht mich über solche A...krampen zu beschweren.
    @MUC
    Interessanter Artikel....


    Natürlich habe ich geschaut,man kann auch nicht anders... Aber noch extra aussteigen und bald 150m laufen damit man besser gucken kann ob der arme Kerl es jetzt schafft finde ich mehr als moralisch verwerflich...

    Bunt ist das Leben...und Granatenstark...
    Volle Kanne Hoschi =)

  • Natürlich habe ich geschaut,man kann auch nicht anders... Aber noch
    extra aussteigen und bald 150m laufen damit man besser gucken kann ob
    der arme Kerl es jetzt schafft finde ich mehr als moralisch
    verwerflich...

    es gibt Eltern ,die lassen ihre Kinder vor laufen.. selbst schon erlebt.. auf der Autobahn.. :tougue: :tougue:

    "Ich liebe den Geruch von Napalm am Morgen. Es riecht irgendwie wie nach Sieg."

    "Mag etwas noch so blödsinnig sein, in der Festigkeit, in der es vertreten wird, liegt die Ursache zum Geglaubtwerden."

  • Ich finde es schlimm, wie Leute doch immer wieder sagen: "Jaaaa, da muss mal was gemacht werden, die armen Menschen, wieso tut den da niemand was, warum greift keiner ein usw. usw.", wenn sie in den Medien was finden.
    Weil das sind einfach immer die ersten, die schaulustig daneben stehen, oder sich möglichst unauffällig verpissen, weil sie in nichts verwickelt werden wollen...

    Wer braucht schon Bremsen?